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19.3.2024 : 3:43

LEGIO II ITALICA P. F.
LIMITANAE PONTAENENSES
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LIMITANAE PONTAENENSES

Das unter der Regierung des Septimius Severus (193 - 211 n. Chr.) anbrechende 3. Jahrhundert war in der Forschung lange als "dunkles Zeitalter" der Krisen und Wende zum Schlechteren verrufen. In den letzten zehn Jahren wurde dieses Bild stark korrigiert. Man spricht nun von einem Jahrhundert der Wandlung, des Umbruchs. Sicher gab es militärische Auseinandersetzungen, vielleicht mehr als im 2. Jahrhundert, aber von einer Krise war man weit entfernt.

Unter der Herrschaft des Alexander Severus (222 - 235) liegen mit großer Wahrscheinlichkeit die Anfänge zur Schaffung der "Milites Limitanae" (Limitanei), d. h. man hat begonnen Soldaten bei den Grenzkastellen fest anzusiedeln.
Im Jahr 241 wurde Raetien von den Alamannen heimgesucht und diesmal ist wahrscheinlich auch PONS AENI betroffen gewesen.
Schlimm wurde die Situation, als Kaiser Valerian 259 vor Edessa in Gefangenschaft des Perserkönigs Shapur fiel und gleichzeitig Franken und Alamannen über das Reich hereinbrachen.
Die letzten wenigen römischen Stützpunkte am obergermanisch-raetischen Limes konnten keinen nennenswerten Widerstand mehr leisten.
260 war schließlich die komplette Grenzverteidigung zwischen dem Kastell Niederbieber, wo wenig weiter der obergermanische Limes den Rhein erreicht und dem Legionslager in Regensburg zusammengebrochen.
Der Raetische Limes hatte aufgehört zu bestehen.

Kaiser Gallienus (259 - 268) konnte die Alamannen in einer Schlacht bei Mailand zwar besiegen, eine Vertreibung gelang aber erst seinem Nachfolger Claudius II. Gothicus (268 - 270).
Als Aurelianus (270 - 275) von Teilen der Donauarmee zum Kaiser ausgerufen wird, brechen die Iuthungen über die Donau ins Reich ein. Herkunft und Wohnsitze dieses hier neu auftretenden suebischen Volksstammes sind uns unbekannt.
Da die Iuthungen und Alamannen über die Westschweiz bis nach Italien vorstoßen, läßt der Kaiser um die Stadt Rom die berühmt gewordene sog. Aurelianische Mauer, mit 16 m Höhe und 4 m Breite, errichten.
Obschon es Aurelian gelungen war, den unmittelbaren Druck der Germanen auf Raetien zu beseitigen, konnte dennoch eine befriedigende Sicherung der Grenzen nicht erreicht werden.
Dem neuen Kaiser Marcus Aurelius Probus (276 - 282) gelang es 277, die Franken und Alamannen aus Gallien zu vertreiben und den Rhein durch einen Vorstoß an den Neckar und die Schwäbische Alb endgültig zu sichern.

Zum ersten mal in antiken Quellen erwähnt werden die Limitanei 263 n. Chr. Also in der Regierungszeit des Kaisers Gallienus, der mit seinen Militärreformen den Grundstein für die späteren Reformen der Kaiser Diokletian und Konstantin I., legte. Die Aufgaben der Limitanei bestanden primär in der Grenzüberwachung und der Abwehr kleinerer feindlicher Ãœbergriffe. Sie waren für die täglichen Patrouillen verantwortlich und verrichteten den in den Festungen üblichen Garnisonsdienst. Sie wurden daneben auch mit verschiedenartigen Polizeiaufgaben betraut, die von der Bewahrung der inneren Sicherheit, der Ãœberwachung der Straßen bis hin zur Unterstützung von Staatsbeamten, wie Steuereintreibern und Magistraten, reichten.
  

Kleidung und Ausrüstung eines hohen Offiziers im 3. Jh. n. Chr.
Kleidung und Ausrüstung im 3. Jh. n. Chr.
LIMITANAE PONTAENENSES

Vopiscus, der Biograph des Probus berichtet, daß der Kaiser viele Befestigungswerke durch das Militär vollendet hat.

Es wurden an der Donau, Iller und am Inn neue Befestigungsanlagen gebaut, so auch hier in PONS AENI zur Sicherung des Innübergangs, der Siedlung, den Töpfereibetrieben und des Hafens.

Wie der spätrömische Nachfolgebau des Kastells ausgesehen hat lässt sich schwer sagen, da die Ausgrabungen nur sehr spärlich waren. Möglich wäre es, hier einen Grundriß zu vermuten wie es "Boiotro" in Passau aufweist, oder wie das Kastell "Bürgle" bei Gundremmingen, da sie zeitgleich in den 70er Jahren des 3. Jahrhundert erbaut wurden.

mögliches Aussehen des Kastells mit Schiffsanlegestelle am Inn

LEGIO PSEUDOCOMITATENSES PONTAENENSES 

In der Spätantike (ab 284 n. Chr.) wandelte sich das Erscheinungsbild der Legion grundlegend. Durch die Heeresreform Diokletians (288 n. Chr.) wurde die Anzahl der Legionen stark erhöht (auf etwa 60), wobei allerdings ihre Sollstärke herabgesetzt wurde. Die neuen Legionen dürften aus etwa 1000 Mann bestanden haben, dies war wohl auch eine Folge der zahlreichen Reichsteilungen, die eine zunehmende Aufsplitterung der Verbände verursachten.
Die Comitatenses (lat. Begleiter) fungierten als schnelles und standortungebundenes Bewegungsheer.
Die Legiones Pseudocomitatenses (Limitanei) waren Einheiten der Grenzarmee, die aufgrund guter Leistungen zwar ins Bewegungsheer übernommen wurden, sich aber dennoch mit einem niedrigeren Status begnügen mussten.
Fest steht, daß in Krisenzeiten Limitanei aus den Grenzstandorten abgezogen und in das mobile Feldheer integriert werden konnten, ohne das die Rede davon wäre, daß dies die Kampfkraft der Truppen verringert habe.
Solche Einheiten sind für den Osten erstmals im Jahr 365 n. Chr. bekannt, wo sie in Botschaften an Kaiser Valentinian I. erwähnt werden.
Im Westen werden die Pseudocomitatenses nur in der Notitia Dignitatum (spätrömisches Staatshandbuch aus dem 4. Jh. n. Chr.) erwähnt. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, daß es schon früher zu Mobilisierungen solcher Kontingente, z. B. bei Bürgerkriegen, kam.
So ist die Einheit hier in PONS AENI nicht nur in der Notitia Dignitatum erwähnt, sondern auch durch die Abbildung der Schildbemalung greifbar.

Schildbemalung, Quelle: Notitia Dignitatum

Die Notitia Dignitatum ist uns leider nur in mittelaterlichen Kopien überliefert, worin vieles durch die Schreibweise des mittelalterlichen Abschreibers einfach verderbt wurde, da das mittelalterliche Latein mit dem der Antike nur noch wenig gemeinsam hatte.
So hat D. Hoffmann die richtige antike Schreibweise rekonstruiert:
Pontinenses > Pontenenses > PONTAENSES = PONTAENENSES

Leider ist es bis heute nicht gelungen, die letzten Geheimnisse dieses Verwaltungstextes zu lüften. Das entscheidende Problem ist die Datierung. Wenn auch manche Teile aus der Zeit um 400 zu stammen scheinen, so sind andere sehr viel älter. Darum muß man die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß die Notitia Dignitatum aus mehreren unterschiedlich alten Schichten besteht. Eine erste Fassung also aktualisierenden Neubearbeitungen und Erweiterungen unterzogen  worden ist, die von der Zeit des Diocletian bis zum Beginn des 5. Jahrhunderts zu datieren wären.

Ausrüstung und Kleidung im 4. Jh. n. Chr.

Unser Anliegen ist es, nicht nur die Ausrüstung der Soldaten nach den vorliegenden Funden zu rekonstruieren, sondern auch die Bruchstücke der Archäologie, zu einem Gesamtbild zusammen zu fügen.